Planet-themenabend auf Instagram: Depressionen/Angststörungen
Von Zeit zu Zeit führe ich auf Instagram Themenabende durch. Zu einem bestimmten Thema veröffentliche ich meine eigenen Gedanken dazu und in den Stories präsentiere ich Beiträge von anderen Accounts, welche passend.
Am 24.04.2021 stand das Thema “Depressionen/Angststörungen” im Zentrum.
Meine eigenen Erfahrungen damit erzähle ich heute:
Planetthemenabend
Depressionen/Angststörungen
"Nicht gut genug"
So könnte man meine persönliche Geschichte betiteln.
Im Alter von 5 1/2 verließ mich mein Vater. Meine Mutter war gefordert, musste wieder arbeiten gehen, hatte einen Haushalt und ein kleines Kind großzuziehen. Das Im-Stich-Lassen durch ihre ehemalige große Liebe führte dazu, dass sie selbst depressiv wurde.
Als Kind war das echt schlimm, dies mitzuerleben. Sie war aber trotzdem eine äußerst starke Kämpferin und sorgte sich gut um mich. Aber ich selbst stellte mich an die Stelle meines Vaters, wollte sie glücklich machen und ab sofort der Mann im Hause sein. Ich wollte ihr, auch aus Verlustangst, helfen alles zu überstehen, gar zu überleben.
Ich war der Sonnenschein, wollte genügen und mehr noch: Ich wollte gefallen. Aber kein Mensch schafft das. Wenn ich 'versagt' hatte, waren meine Schuldgefühle so stark, dass dies mit der Zeit in Selbsthass überging.
Das doofe war, dass sich dieses Grundmuster auch später überall bemerkbar machte: In der Schule, bei meinen Hobbies, früher sogar im Schreiben, auf der Arbeit... einfach überall.
Aber niemand kann überall gut sein. Mich machte dies fast kaputt. Ich war sehr oft traurig, sah mein Leben zeitweise als Belastung an. Dies ging so weit, dass ich am liebsten gar nicht mehr hier sein wollte. Ich 'musste' alles erfüllen, was andere von mir erwartete Das war zu viel.
Doch irgendwie schaffte ich es immer wieder, mich irgendwie wieder hochzupushen, weiter zu überleben, in der Hoffnung, dass ich eines Tages jemanden finde, der mich versteht, dass ich eines Tages glücklich bin. Und dann kam bereits die nächste Depressionswelle.
Doch niemand erkannte meine Krankheit. Ich machte Karriere, war gerade in einer berufsbegleitenden anstrengenden Weiterbildung und dann kam mein Sohn unter sehr schweren Bedingungen und viel zu früh zur Welt. Er verbrachte 19 Wochen im Kinderspital und wir mussten die unser gesamtes Leben auf einen Schlag umstellen. Ich wurde an allen Fronten gebraucht. Irgendwann machte mein Körper nicht mehr mit.
Burnout nennt man das allgemein. Überlastungsdepression heißt es als Fachbegriff. Ich konnte mich nur noch auf meine Frau und meinen Sohn konzentrieren und damit hatte ich noch Glück, andere können nicht mal mehr das. Aber sonst ging nichts mehr. Nichts. Mein Körper verweigerte mir den Gehorsam und stellte auf Kranksein um.
Ich überlebte psychisch nur, weil ich wusste, dass mich meine junge Familie mich brauchte. Doch das 'Versagen' meiner Gesundheit rief in mir Panik auf. Panik, dass mein emotionales Herzrasen ein Vorbote eines Herzinfarkts sein könnte. Dass ich eventuell Krebs haben oder ich jeden Moment die Kontrolle über mich, mein Leben und den Schutz meiner Familie verlieren würde.
Vom 'Eigentlich will ich nicht mehr leben' ging es ins 'Ich will nicht sterben' rüber. Ich musste doch für meinen Sohn da sein. Ich konnte diese Panikattacken nicht steuern, sie waren stärker als ich. Wenn man einen Partner hat, der unbegründet Angst hat, zu sterben, dann ist das für ihn (sie) eine Belastung. Ich war medizinisch kerngesund, hatte aber panische Angst davor, plötzlich umzukippen und zu sterben.
Schulmedizinische Psychologie war mein erstes Rettungsanker. Aber wirklich gesunden konnte ich nur mit der Hilfe von Somatic Experiencing, eine extrem wirksame Körper bezogene Wahrnehmungstechnik. Eine Ernährungsumstellung und viel Bewegung sowie der gedanklichen Auseinandersetzung mit den Angst- und Depressionsgedanken führten allmählich zurück in meine Kraft und den Glauben an mich selbst.
Dreißig Jahre lange immer wieder kehrende Depressionen, ein halbes Jahr Panikattacken, 3 Jahre Burnout später bin ich heute gesund. Gesund und voller Lebensfreude. Ich arbeite noch 60 Prozent und kann daneben Papa sein, den Haushalt verrichten und Bücherschreiben. Das Schreiben ist für mich keine Selbsttherapie, sondern Entfaltung von Etwas, was immer zurückstecken musste und jetzt endlich zum Ausdruck kommt.